Region Lausitz Spreewald

Eine ländliche Region nimmt ihre Zukunft ins Visier                           

                        

In der Region Lausitz-Spreewald südlich von Berlin wurde eine Fallstudie durchgeführt, weil sich die Weiterbildungsteilnahme dort zwischen 2007 und 2012 deutlich erhöht hat. Die Zunahme der Teilnahmequote um 3,2 Prozentpunkte zahlte sich vor allem in einer gestiegenen Potenzialausschöpfung aus (+35,6 Prozentpunkte). So startete die Region 2007 mit einer Teilnahmequote, die nur 78 Prozent der statistischen Erwartungen erfüllte. Die Teilnahmequote wuchs aber stetig und lag ab 2009 über der Erwartung, was in einer Potenzialausschöpfung von 119 Prozent resultierte. Zuletzt pendelte sich diese bei rund 110 Prozent ein.

Cottbus ist das Oberzentrum der Raumordnungsregion Lausitz-Spreewald, die im dünn besiedelten südlichen Brandenburg liegt. Zur Region gehören die Stadt Cottbus sowie die Landkreise Dahme-Spreewald, Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz und Spree-Neiße. Auf 7.180 Quadratkilometern Fläche lebten hier im Jahr 2011 rund 619.000 Einwohner – Und es werden immer weniger, denn die Gesamtbevölkerung schrumpft kontinuierlich. Vor allem die Jüngeren gehen. Von denen, die bleiben, werden viele zu Arbeitsplatz- und Bildungswanderern. Wer sich innerhalb der Region mit dem Auto bewegt, ist länger unterwegs als im Bundesdurchschnitt.

Das Bruttoinlandsprodukt von 26.300 Euro je Einwohner lag 2011 deutlich unter dem deutschen Schnitt (31.700 Euro), aber über dem brandenburgischen (22.600 Euro). Dies spricht für eine verhältnismäßig gute, aber absolut gesehen immer noch geringe Wirtschaftskraft der Region. Des Weiteren ist die gesamte Region Lausitz-Spreewald von hoher Arbeitslosigkeit geprägt. Sie war 2011 mit 9,6 Prozent fast doppelt so hoch wie der bundesdeutsche Schnitt.


Planungsregion mit großem Entwicklungsbedarf

Lausitz-Spreewald ist Brandenburgs flächenmäßig größte Planungsregion mit sehr heterogenen Entwicklungsbedarfen. Im Zentrum steht die demografische Entwicklung: Bis zum Jahr 2020 wird ein weiterer Bevölkerungsrückgang auf 600.000 Einwohner erwartet. Vor allem der berlinferne Raum wird den Prognosen zufolge deutlich stärker verlieren als die an Berlin grenzenden Gebiete. Dort hofft man auf positive Arbeitsmarkt-Impulse durch den Airport Berlin-Brandenburg-International.

Ein Aspekt des demografischen Wandels ist die Nachwuchs- und Fachkräftesicherung. Hier müssen nach Ansicht von Experten der Region Rahmenbedingungen geschaffen werden, welche vorhandene Arbeitsplätze sichern und neue schaffen. Vor allem aber sollen Jugendliche davon abgehalten werden, die Region zu verlassen. Erklärtes Ziel ist es, die Kommunikation von Kommunen zu fördern und zu stärken, Netzwerke aufzubauen und neue Formen der Zusammenarbeit zu entwickeln – unter anderem im Bereich der Wirtschaftsförderung.

Neue Wirtschaftszweige müssen angesiedelt werden, alleine schon deshalb, weil die regionale Braunkohleindustrie in absehbarer Zeit immer stärker an Bedeutung verliert.

Cottbus kann als Hochschulstandort und Wachstumskern zur Entwicklung der Region dienen, zum Beispiel durch Technologietransfer und die Aus-/Weiterbildung von Fachkräften. In diesem Zuge ist auch angestrebt, die starke Dominanz des Dienstleistungssektors in Cottbus (90 Prozent Wirtschaftsanteil) durch eine stärkere Orientierung hin zu Technologie und Industrie einerseits und zu Bildung und Forschung andererseits auszugleichen. Ebenfalls im Blickfeld der wirtschaftlichen Entwicklung ist der Tourismus – unter anderem in ehemaligen Braunkohle-Fördergebieten.


Gemeinsamer Ausbau berufsbezogener Weiterbildung als Standortfaktor

Bildung und Weiterbildung spielen auch eine wichtige Rolle für verschiedene Kooperationen und Netzwerke. Diese haben sich formiert, um gemeinsam strukturelle, wirtschaftliche und arbeitsmarkttechnische Probleme zu lösen. Dabei blickt man auch über den regionalen Tellerrand. So strebt beispielsweise das vom Bundesfamilienministerium geförderte „Netzwerk Lernende Lausitz“ eine grenzüberschreitende Weiterbildung gemeinsam mit polnischen Institutionen an.

Weiterbildung in der Region umfasst ein Spektrum aus kommunal-öffentlichen, wirtschaftsnahen und privaten Einrichtungen bzw. Trägern. Nach geltendem Landesgesetz ist die kommunal verantwortete Weiterbildung mit der Schulverwaltung gekoppelt. Experten berichten über Aufgeschlossenheit auch gegenüber Themen, durch die die formale Bildungsbeteiligung gestützt wird – zum Beispiel Nachhilfe für Schüler. Darüber hinaus wollen Experten aus dem Kreis der kommunalen Träger die berufsbezogene Weiterbildung ausbauen, unter anderem durch Sprachkurse und durch mehr Angebote im Bereich der Grundbildung. Vernetzungen kommunaler Weiterbildungseinrichtungen mit den übrigen Verwaltungsressorts führen außerdem zu Bildungs- und Beratungsangeboten, die auf Beschäftigung im öffentlichen Sektor ausgerichtet sind.

Verschiedene Vertreter wirtschaftsnaher Bildungsträger und Einrichtungen nannten in den Fachgesprächen wiederholt die in der Region bestehenden Vernetzungsinitiativen: Hier werden Interessen und Bedarfe von Unternehmen mit der Fachkräfteentwicklung und Bildungsförderung zusammengeführt. Fachkräfteentwicklung, so die regionale Expertenmeinung, gilt als wichtiger Faktor, um die Region attraktiver und für Neuansiedler interessant zu machen.

 


Fazit

Der Blick auf das ländliche und wirtschaftlich schwächere Lausitz-Spreewald zeigt eine Region, die im Umbruch nicht resigniert, sondern die Zukunft im Blick hat: neue Impulse mit dem Airport Berlin-Brandenburg-International, Synergien mit dem Ballungsraum Berlin und Chancen durch einen forcierten Tourismus. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt? Zumindest wird nach Möglichkeiten gesucht, wie sich neue Wirtschaftszweige und Unternehmen ansiedeln lassen und wie dadurch Fachkräfte und eine junge Bevölkerung in der Region gehalten und gefördert werden können. Neue, wachsende Netzwerke zwischen Wirtschaft, Kommunen und Weiterbildungsträgern bringen Schwung in die Weiterbildungslandschaft und dürften einen großen Anteil am außerordentlichen Anstieg in der Weiterbildungsteilnahme haben.

 

Dieser Text basiert auf einer wissenschaftlichen Fallstudie von Prof. Dr. Harm Kuper und Mitarbeiter/innen (Johannes Christ, Nadine Lohse, Katharina Hoppe, Stephanie Gerlach), die an der Freien Universität Berlin durchgeführt wurde.

Die ausführliche Fallstudie findet sich in dem Ergebnisbericht des Deutschen Institutes für Erwachsenenbildung unter www.ergebnisbericht.deutscher-weiterbildungsatlas.de