Broschüre Deutscher Weiterbildungsatlas
Die Broschüre liefert eine Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse des dritten Deutschen Weiterbildungsatlas.
Gerade bei Geringqualifizierten kann sich eine hohe Potenzialausschöpfung vor Ort auszahlen. Eine Teilnahmequote über der Erwartung zeigt, dass die Potenziale der Geringqualifizierten genutzt werden. Unter den Bundesländern sind es Bremen und Hessen, die diese Potenziale am stärksten ausschöpfen. Die Länder im Osten nutzen ihre Potenziale dagegen nicht aus. Allerdings ist die Situation nicht statisch. Weitestgehend unabhängig davon, wie gut eine Region aufgestellt ist, kann sich ihre Potenzialausschöpfung sowohl verbessern als auch verschlechtern. Auch bei hoher Potenzialausschöpfung liegen Geringqualifizierte überall deutlich hinter den Teilnahmequoten der restlichen Bevölkerung zurück.
Bei den Geringqualifizierten liegt der Fokus auf Personen im zentralen erwerbsfähigen Alter (25 bis 54 Jahre). Als Grundlage zur Berechnung des Erwartungswertes in den Regionen dient die Sozialstruktur der formal geringqualifizierten Personen. Die Potenzialausschöpfung, die zudem die Wirtschafts- und Infrastruktur berücksichtigt, wird also auf diese Gruppe angepasst. Diese kann daher hoch ausfallen, auch wenn die Teilnahmequote absolut betrachtet gering ausfällt.
Unter allen Bundesländern ist Bremen das Land, das seine gegebenen Bedingungen offensichtlich am besten für die Weiterbildung geringqualifizierter Menschen nutzt. Mit einer Potenzialausschöpfung von 133,5 Prozent liegt die tatsächliche Teilnahme ein Drittel über der eigentlich für die Hansestadt zu erwartenden Quote. Auf Bremen folgt Hessen, das die erwartete Teilnahmequote immerhin noch um fast ein Viertel übertrifft (122,1 Prozent).
Brandenburg dagegen liegt mit 81,5 Prozent am stärksten unter der zu erwartenden Teilnahmequote für Geringqualifizierte. Schließlich zählt auch das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen mit 93,4 Prozent zu den insgesamt sieben Bundesländern, die die erwartete Teilnahmequote nicht erreichen, und das, obwohl hier mit 20 Prozent ein deutlich überdurchschnittlicher Anteil Geringqualifizierter vorliegt (Bund ~15 Prozent).
Der Blick in die Regionen offenbart wieder höhere Einzelwerte und größere Differenzen als auf Länderebene. Zudem wird deutlich, dass sich die Durchschnittswerte der Bundesländer aus zum Teil sehr unterschiedlichen Regionalwerten ergeben. Eine überproportionale Ausschöpfung vorhandener Potenziale lässt sich zum Beispiel in Main-Rhön (147,4 Prozent) und Starkenburg (155,6 Prozent) feststellen. Mit einer Ausschöpfung von 155,7 Prozent, etwas mehr als in Starkenburg, ist die Region Schleswig-Holstein Süd-West bundesweiter Spitzenreiter. Schon die Nachbarregion Schleswig-Holstein Süd zählt allerdings mit 65,8 Prozent zu den eindeutig benachteiligten Regionen.
Ähnliches zeigt sich beim bundesweiten Schlusslicht im Regionenvergleich: Mit 43,5 Prozent weist Aachen die geringste Potenzialausschöpfung auf. Gerade mal 3 Prozent der Geringqualifizierten nehmen hier an Weiterbildung teil. Schaut man in die Nachbarregion Bonn, so liegt dort die Teilnahmequote um fast das Dreifache höher (8,2 Prozent). Bonn übertrifft damit nicht nur den bundesweiten Durchschnitt für Geringqualifizierte (6,7 Prozent), sondern auch die für die Region erwartete Teilnahmequote um 7,6 Prozent. Damit zählt Bonn zu den begünstigten Regionen.
So unterschiedlich an einzelnen Orten vorhandene Potenziale auch genutzt werden, letztlich bleibt die Hälfte (48) aller Regionen in Sachen regionaler Weiterbildungsbeteiligung von Geringqualifizierten hinter den Erwartungen zurück – und das mitunter sehr deutlich.
Wie hat sich nun die Potenzialausschöpfung verändert? Wo ist es für Geringqualifizierte mit den Jahren besser geworden und wo schlechter? Auf Länderebene sind es Bremen und Hessen, in denen sich die Situation zwischen 2007 und 2012 am deutlichsten verbessert hat. Als Länder mit der höchsten Potenzialausschöpfung verzeichnen sie zugleich auch die stärkste positive Entwicklung. Bremen verbucht über den gesamten Zeitraum ein Plus von 45,1 Prozentpunkten und Hessen ein Plus von 35,9 Prozentpunkten.
In sechs Bundesländern hat sich die Situation für Geringqualifizierte dagegen verschlechtert. Hierzu gehören Berlin, Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen. In Niedersachsen (–17,7 Prozentpunkte) und Thüringen (–15,3 Prozentpunkte) fiel die Entwicklung am negativsten aus. Und das obwohl Niedersachsen zu den Ländern gehört, die die Teilnahmeerwartungen für Geringqualifizierte erfüllen und Thüringen zu denen, die die Erwartungen sogar übertreffen (Potenzialausschöpfung 112,9 Prozent).
Auch bei der Veränderung der Potenzialausschöpfung setzen sich die Länderwerte aus stark differierenden Regionalwerten zusammen. So legen die Regionen Mecklenburgische Seenplatte und Schleswig-Holstein Nord im Betrachtungszeitraum um 94,3 bzw. 93,4 Prozentpunkte zu. Beide Regionen haben sich damit äußerst positiv entwickelt, obwohl sie strukturell eher schwach aufgestellt sind. Am anderen Ende der Skala hat sich die Situation für Geringqualifizierte aber ebenso deutlich verschlechtert: am stärksten in Nordthüringen und Ostthüringen mit –126,6 bzw. –84,7 Prozentpunkten. Solch hohe Werte entstehen, wenn eine Region zu Beginn des Untersuchungszeitraums mit einer Potenzialausschöpfung deutlich über 100 startet und gegen Ende des Untersuchungszeitraums deutlich unter 100 liegt. Insgesamt sind es 44 Regionen, in denen die Potenzialausschöpfung zwischen 2007 und 2012 gesunken ist. Es ist bedenklich, wenn bereits realisierte Potenziale wieder verschenkt werden. Dies gilt sowohl für prosperierende als auch für schwächere Regionen. So können schwächere Regionen durch Weiterbildung Arbeitskraft in der Region erhalten und stärkere Regionen Arbeitnehmer für qualifizierte Tätigkeiten gewinnen.
Wie bereits bei der Betrachtung für die Gesamtbevölkerung zeigt sich auch bei den Geringqualifizierten, dass Regionen sich in jede Richtung entwickeln können, und zwar unabhängig davon, ob sie die erwartete Teilnahme übertreffen oder dahinter zurückbleiben. Eine Region, die ihre Teilnahmeerwartungen übertrifft, kann sich zu einer benachteiligten Region entwickeln und umgekehrt.
Die teils großen Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen verdeutlichen, wie wichtig die Betrachtung der Regionalebene ist. Zwar illustrieren die Bundeslandergebnisse tendenzielle Abweichungen zwischen den Ländern, doch stecken dahinter immer stark differierende Regionaldaten. Es sind somit regional wirksame Faktoren, die die Teilnahmequoten und deren Veränderung erklären. Damit bestätigen sich Regionen als zentraler Ansatzpunkt zur Untersuchung und Verbesserung der Weiterbildung in Deutschland.
Auch hohe Potenzialausschöpfungen können schließlich nicht über die grundsätzlich geringe Teilnahme von Geringqualifizierten an Weiterbildung hinwegtäuschen. Mit 6,7 Prozent beträgt ihre durchschnittliche Teilnahmequote gerade mal ein Drittel der Quote von Personen mit Berufsabschluss (22,5 Prozent). In mehr als jeder zehnten bundesdeutschen Region nehmen sogar nur 5 Prozent oder weniger der Geringqualifizierten an Weiterbildung teil.
Dass eine Region die für sie erwartete Teilnahmequote erfüllt bzw. übertrifft, bedeutet also nicht, dass hier kein Handlungs- bzw. Verbesserungsbedarf bestünde. Die Einstufung als begünstigte Region drückt lediglich aus, dass Regionen ihre gegebenen strukturellen Bedingungen vergleichsweise gut für Weiterbildung zu nutzen verstehen. Würden sie ihre für Weiterbildung wirksamen Faktoren verbessern, ließe sich die regionale Teilnahmequoten noch weiter erhöhen – sowohl für Geringqualifizierte als auch Höherqualifizierte.
Die Broschüre liefert eine Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse des dritten Deutschen Weiterbildungsatlas.
Ergebnisbericht
In dem Ergebnisbericht des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE) des WBV-Verlags finden Sie weiterführende Informationen zu den Ergebnissen und Methoden sowie die ausführlichen Fallstudien der Wissenschaftler vom DIE und der FU Berlin.