Privatwirtschaftliches Weiterbildungsangebot – Durch die Wiedervereinigung im Osten stark aufgestellt

1.000 Bundesbürgern stehen im Jahr durchschnittlich 2,3 privatwirtschaftliche Weiterbildungseinrichtungen zur Verfügung. Wie sich das in den einzelnen Regionen darstellt, orientiert sich an klassischen Marktmechanismen: Nachfrage und Angebot bestimmen den Umfang. Privatwirtschaftliche Angebote entstehen überall dort, wo es einen Bedarf dafür gibt. Entsprechend vielfältig ist die Situation in den Regionen. Trotzdem zeigt sich mit Blick auf ganz Deutschland ein deutliches Ost-West-Gefälle: Im Osten der Republik ist das privatwirtschaftliche Weiterbildungsangebot pro Person höher als im Westen. Wie stark sich das Angebot in einer Region entwickelt, hängt vom bestehenden Umfang ab. Je gesättigter der Markt, desto geringer das Wachstum. Nimmt das privatwirtschaftliche Angebot zu, steigt die Weiterbildungsbeteiligung.

In der Bundesrepublik gibt es eine große Vielfalt privatwirtschaftlicher Weiterbildungsanbieter, die beispielsweise von Betrieben, der Bundesagentur für Arbeit oder Privatpersonen für Weiterbildungen engagiert und bezahlt werden. Der Weiterbildungsatlas untersucht alle prvatwirtschaftlichen Weiterbildungseinrichtungen in Deutschland. Zu ihnen gehören Einzelpersonen wie beispielsweise Trainer, Dozenten und Honorarkräfte, aber auch Institutionen wie kleinere und mittlere Bildungsunternehmen oder große Weiterbildungskonzerne. 2011 gab es insgesamt 36.427 Anbieter, allerdings von sehr unterschiedlicher Größe. Die meisten haben nur wenige Mitarbeiter und verfügen über ein vergleichsweise geringes Angebot. Das wurde jedoch bei der Betrachtung des gesamten privatwirtschaftlichen Weiterbildungsangebotes berücksichtigt: Die einzelnen Einrichtungen flossen entsprechend Ihrer Größe in die Berechnungen ein.

Für ein regionales privatwirtschaftliches Weiterbildungsangebot ist zu erwarten, dass es sich in Niveau, Form und Inhalt auf die regionalen Gegebenheiten und Bedürfnissen ausrichtet. Es sollte somit bundesweit nicht einheitlich sein, sondern sich der jeweiligen Nachfrage in den Regionen anpassen. Diese Nachfrage wiederum hängt von mehreren Faktoren ab: der regionalen Arbeitsmarktsituation, dem verfügbaren Einkommen der Einwohner sowie der Frage, in welcher Form sich Weiterbildung für den Einzelnen vor Ort auszahlt.


Niveau des privatwirtschaftlichen Angebots – Im Osten höher als im Westen

Zwischen den Jahren 2007 und 2011 standen bundesweit durchschnittlich 2,3 privatwirtschaftliche Weiterbildungseinrichtungen je 1.000 Einwohner und Jahr zur Verfügung. Dieser Wert hat sich im Untersuchungszeitraum auf Bundesebene kaum verändert. Räumlich zeigen sich allerdings – wie schon beim Volkshochschulangebot – deutliche Unterschiede zwischen Ost und West. Nur dass in diesem Fall das Angebot im Osten größer ist. Auf 1.000 Einwohner und Jahr kommen dort im Schnitt 0,5 privatwirtschaftliche Weiterbildungsanbieter mehr als in Westdeutschland.

Das einwohnerbezogen geringste privatwirtschaftliche Angebot an Weiterbildung bietet Nordrhein-Westfalen (2,0). Die größte Angebotsdichte findet sich in Bremen (3,6 Weiterbildungseinrichtungen pro 1.000 Einwohner/Jahr). Die Stadt an der Weser (ohne Bremerhaven) führt mit einem etwas geringeren Wert auch im Regionenvergleich. Dies zeigt, dass in Bremerhaven eine besonders hohe Angebotsdichte vorliegen muss. Das Schlusslicht bildet die Region Landshut in Bayern mit 0,9 privatwirtschaftlichen Anbietern pro 1.000 Einwohner und Jahr. Liegen die Extremkandidaten in diesem Fall auch im Norden bzw. Süden der Republik, so ergibt sich mit Blick auf alle Raumordnungsregionen ein klares Gefälle von Ost nach West.


Trends des privatwirtschaftlichen Weiterbildungsangebots – Geringes Wachstum bei hoher Angebotsdichte

Privatwirtschaftliche Weiterbildungsangebote sollten sich – wie schon eingangs erwähnt – nach marktwirtschaftlichen Mechanismen entwickeln und vor allem der lokalen Nachfrage folgen. Geht man von einer Sättigungsgrenze dieser Nachfrage aus, sollte das regionale Angebot umso geringer wachsen, je größer es bereits ist.

Tatsächlich bestätigen die Ergebnisse des Deutschen Weiterbildungsatlas diese Erwartung. Wie sich das privatwirtschaftliche Weiterbildungsangebot in einer Region entwickelt, richtet sich vor allem nach seinem bestehenden Umfang. Je gesättigter der Markt ist, desto geringer wächst das Angebot. Dies zeigen besonders anschaulich die Ergebnisse der ostdeutschen Bundesländer. Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt weisen allesamt ein hohes Niveau und negative Trends auf. Besonders positiv fallen die Trends in Schleswig-Holstein und Niedersachsen aus. Insgesamt reichten die regionalen Veränderungen zwischen 2007 und 2012 von einer durchschnittlichen Abnahme um 1,6 (Altmark) bis hin zu einer Zunahme von 1,5 Einrichtungen (Mecklenburgische Seenplatte). In 5 Regionen hat sich die Angebotsdichte im Untersuchungszeitraum um mehr als eine Einrichtung verändert, was bei einer Spannweite der Werte von weniger als 3 Einrichtungen eine deutliche Veränderung darstellt.

Wie auch beim öffentlichen Weiterbildungsangebot lassen sich aus den Ergebnissen zum privatwirtschaftlichen Angebot keine allgemeingültigen Schlüsse ziehen. Allerdings sind Tendenzen zu erkennen, die für gewisse Substitutionseffekte zwischen den Angebotssegmenten des Weiterbildungsmarktes sprechen. So deuten die Ost-West Unterschiede beim öffentlichen und privaten Angebot auf Substitutionseffekte dieser beiden Segmente hin. Ob es ähnliche Effekte in anderen Bereichen gibt, sollte eingehender untersucht werden.

 


Zusammenhänge – Regionaler Bedarf bestimmt Angebotsumfang

Wird Weiterbildung „frei gehandelt“, richtet sie sich in Niveau und Trend offensichtlich nach den klassischen Marktmechanismen: Nachfrage und Angebot bestimmen den Umfang. Der privatwirtschaftliche Bereich kann zeitnah und bedarfsgerecht auf Bedürfnisse am Markt reagieren. Das erklärt wohl auch das größere privatwirtschaftliche Weiterbildungsangebot im Osten. Wirtschaft und Verwaltung wurden im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands neu strukturiert. Die meisten der ostdeutschen Erwerbstätigen mussten sich beruflich neu orientieren. Der Bedarf an Weiterbildung war groß, eine entsprechende Infrastruktur jedoch so gut wie nicht vorhanden. Privatwirtschaftliche Anbieter füllten die Lücke und bedienen den entsprechenden Bedarf bis heute. Deshalb liegt das Angebot an privatwirtschaftlichen Weiterbildungseinrichtungen im Osten immer noch deutlich über dem im Westen.

Neben den Unterschieden im Niveau belegt der Weiterbildungsatlas, dass die Veränderung des privatwirtschaftlichen Angebotes mit dem bestehenden Angebotsumfang zusammenhängt.

Je stärker das Angebot bereits ausgebaut ist, desto geringer fällt in der Regel auch das Wachstum aus. Privatwirtschaftliche Anbieter können also nur expandieren, solange auch ein Bedarf vorliegt und der regionale Markt nicht gesättigt ist. Der Bedarf hängt allerdings auch davon ab, wie gut die Bevölkerung vor Ort über den Nutzen von Weiterbildung und die entsprechenden Angebote informiert ist. Die Fallstudien konnten zeigen, dass diesbezüglich unabhängige Beratungsangebote sinnvoll sind.

Des Weiteren konnte erstmals gezeigt werden, dass mit dem privatwirtschaftlichen Angebot auch die regionale Teilnahme an Weiterbildung steigt. So geht eine Veränderung des privatwirtschaftlichen Angebotes mit einer Veränderung der regionalen Weiterbildungsteilnahme einher. Erhöht sich das Angebot vor Ort um eine Einrichtung/1.000 Einwohner, steigt die Teilnahmequote signifikant um 0,6 Prozent. Ob hier allerdings das Angebot einer gesteigerten Nachfrage folgt oder ein erweitertes Angebot zu mehr Nachfrage führt, lässt sich derzeit noch nicht sagen.


Broschüre Deutscher Weiterbildungsatlas

Die Broschüre liefert eine Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse des dritten Deutschen Weiterbildungsatlas.

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Ergebnisbericht

In dem Ergebnisbericht des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE) des WBV-Verlags finden Sie weiterführende Informationen zu den Ergebnissen und Methoden sowie die ausführlichen Fallstudien der Wissenschaftler vom DIE und der FU Berlin.

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Interaktive Karten: Privatwirtschaftliches Weiterbildungsangebot

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